In Zeiten des Klimawandels legen Verbraucher zunehmend Wert auf umweltfreundliche Produkte und nachhaltige Marken. Viele Unternehmen reagieren darauf mit sogenanntem „Green Advertising“, also Werbung, die die Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit ihrer Produkte hervorhebt. Doch Vorsicht ist geboten: Die Werbung mit Umweltaspekten und insbesondere Begriffe wie „klimaneutral“ oder „CO2-neutral“ stehen verstärkt im Fokus rechtlicher Auseinandersetzungen.
Bereits 2021 stellte die Europäische Kommission in einer EU-weiten Untersuchung fest, dass Werbeangaben zu Nachhaltigkeit oft intransparent und irreführend sind. In mehr als der Hälfte der untersuchten Fälle fehlten den Verbrauchern ausreichende Informationen, um die Richtigkeit der Umweltaussagen beurteilen zu können. Diese Praxis, oftmals in der Presse nicht gerade schmeichelnd auch als „Greenwashing“ bezeichnet, führt zunehmend neben schlechter Publicity auch zu rechtlichen Konsequenzen für Unternehmen.
In diesem Zusammenhang gibt es bereits u. a. drei wegweisende Urteile aus diesem Jahr:
Netto Marken-Discount: Das Landgericht Amberg untersagte dem Discounter mit Urteil vom 29.01.2024 (41 HK O 0279/23), seinen Fertigkaffee „Cafèt Latte Cappuccino“ als „klimaneutral“ zu bewerben. Das Gericht kritisierte, dass die zur Kompensation ausgewählten Waldschutzprojekte ungeeignet seien, um die Klimaneutralität des Produkts zu gewährleisten.
Eurowings: Das Landgericht Köln verbot der Fluggesellschaft mit Urteil vom 25.01.2024 (Az: 81 O 32/23), Flugreisen als „CO2-neutral“ zu bewerben, wenn die Kompensation lediglich auf kurzfristigen Waldschutzprojekten basiert. Das Gericht betonte, dass solche Projekte aufgrund ihrer kurzen Laufzeit nicht geeignet sind, eine tatsächliche Kompensation zu erreichen.
TUI Cruises: In einem wegweisenden Urteil untersagte das Landgericht Hamburg dem Kreuzfahrtunternehmen mit Urteil vom 09.08.2024 (Az. 315 O 9/24) die irreführende Werbung mit der Aussage „2050 Dekarbonisierter Kreuzfahrtbetrieb (Net zero)“. Das Gericht stellte klar, dass auch Zukunftsversprechen eine realistische Grundlage haben müssen und nicht auf falschen Aussagen beruhen dürfen.
Diese Urteile verdeutlichen, dass Unternehmen bei der Werbung mit Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten äußerst sorgfältig vorgehen müssen. Verbraucherschutz-Vereine und Verbände gehen vermehrt und mit großem Erfolg gegen solche Werbeaussagen vor.
Die rechtliche Problematik wird sich in Zukunft weiter verschärfen. Auf EU- und nationaler Ebene sind mehrere Gesetzgebungsvorhaben in Arbeit, die strenge, einheitliche Standards für umweltbezogene Werbung schaffen sollen. Die „Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel“ („Empowering consumers for the green transition“, kurz „EmpCo, die am 26. März 2024 in Kraft getreten und nun binnen 24 Monate in deutsches Recht umzusetzen ist, sieht vor, dass allgemeine Umweltaussagen und Nachhaltigkeitssiegel nur noch unter strengen Voraussetzungen zulässig sind. Die geplante aber noch nicht verabschiedete Richtlinie über Umweltaussagen („Green Claims Directive“, kurz „GCD“) wird voraussichtlich noch weitergehende Anforderungen an den Nachweis von Umweltaussagen stellen und sogar eine Vorab-Zertifizierung durch unabhängige Prüfstellen fordern.
Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Werbestrategien im Bereich Nachhaltigkeit und Umweltschutz gründlich überprüfen und gegebenenfalls anpassen müssen. Es ist ratsam, Werbung mit Nachhaltigkeits- und Umweltaspekten vorab rechtlich genau prüfen zu lassen, um mögliche Imageschäden durch den Vorwurf des „Greenwashings“ und ggf. sogar einen abmahnfähigen Verstoß gegen Lauterkeitsrecht zu vermeiden.