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EU-Taxo­nomie-Ver­ord­nung zu nach­haltigen Investi­tionen und zur Bericht­erstattung

Am 18.06.2020 hat die EU mit der Verordnung 2020/852 (EU-Taxonomie-Verordnung) Regelungen erlassen, die sowohl Vorgaben für nachhaltige Investitionen definieren als auch festlegen, welche Informationen diesbezüglich zu berichten sind. Die dort genannten Kriterien sollen dazu beitragen, dass Externe den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit bestimmter Investitionen besser beurteilen können. Bestimmte Marktteilnehmer müssen in diesem Zusammenhang ab dem Jahr 2022 in ihrer nicht-finanziellen Berichterstattung über Art und Umfang ihrer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten informieren.

Hintergrund

Vor dem Hintergrund von Klimawandel und Umweltzerstörung hat die Europäische Union mit dem sogenannten „Europäischen Grünen Deal“ (European Green Deal) einen Fahrplan erarbeitet, mit dem der Weg hin zu einer nachhaltigen EU-Wirtschaft und einem klimaneutralen Kontinent beschritten werden soll. Darin geht es nicht nur um Maßnahmen zur Schaffung einer klimafreundlicheren Wirtschaft durch effizientere Ressourcennutzung, Bekämpfung der Umweltverschmutzung etc., sondern auch um deren Finanzierung. Die ökologische Nachhaltigkeit von Investitionen und Handeln spielt dabei eine entscheidende Rolle. Durch entsprechende Anreize sollen alle Marktteilnehmer dazu ermutigt werden, diesem Faktor zukünftig ein noch größeres Gewicht beizumessen.

Die sogenannte EU-Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.06.2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088) vom 18.06.2020 soll hierzu beitragen. Erstmals ab dem 01.01.2022 – und damit für das Geschäftsjahr 2021 – sind bestimmte Berichtserfordernisse gegeben. Hierzu hat die ESMA im März 2021 konkretisierende Richtlinien (Guidelines) veröffentlicht.

Kriterien zur Bestimmung der ökologischen Nachhaltigkeit

Adressaten der EU-Taxonomie-Verordnung sind nach Art. 1 Abs. 2 drei Gruppen:

  • die EU selbst sowie Mitgliedstaaten der EU,
  • Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte bereitstellen,
  • Unternehmen, die der Verpflichtung zur Veröffentlichung nicht-finanzieller Erklärungen unterliegen.

Kernstück der EU-Taxonomie-Verordnung sind die in Art. 3 enthaltenen „Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten“ sowie weitergehende Regelungen zu deren Anwendung und zu Transparenz in der Berichterstattung. Zur Beurteilung ist das Handeln stets in Bezug zu den in der EU-Verordnung aufgeführten Umweltzielen zu sehen (Art. 9):

  • Klimaschutz,
  • Anpassung an den Klimawandel,
  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung,
  • Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.

Als ökologisch nachhaltig gilt eine Wirtschaftstätigkeit, die

  • einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer der Umweltziele leistet,
  • nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer der Umweltziele führt,
  • unter Einhaltung des Mindestschutzes in Bezug auf Menschenrechte ausgeübt wird und
  • bestimmten, in der EU-Verordnung festgelegten technischen Bewertungskriterien entspricht.

Die Bestimmung und Einordnung der ökologischen Nachhaltigkeit von Wirtschaftstätigkeiten ist relevant für Finanzmarktteilnehmer (wie bspw. Investmentfonds), die ein Finanzprodukt als ökologisch vermarkten wollen. Sie werden durch die EU-Taxonomie-Verordnung dazu verpflichtet,

über den in ihrem Portfolio enthaltenen Anteil von ökologisch nachhaltigen Investitionen – i.S.d. EU-Verordnung – zu informieren. Darüber hinaus müssen die Unternehmen, die der nicht-finanziellen Berichterstattung nach der CSR-Richtlinie (EU-Richtlinie 2014/95/EU) unterliegen, ihre nicht-finanzielle Erklärung um Informationen ergänzen, die Art und Umfang der Tätigkeiten des Unternehmens beschreiben, die als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten nach den zuvor beschriebenen Kriterien gelten.

Guidelines zur Transparenz in nicht-finanziellen Erklärungen

Mit Blick auf die Berichterstattung in nicht-finanziellen Erklärungen gemäß CSR-Richtlinie enthält die EU-Taxonomie-Verordnung in Art. 8 eigenständige Vorgaben. Hiernach müssen alle zur CSR-Berichterstattung verpflichtete Unternehmen (in Deutschland ergibt sich dies aus § 289b HGB bzw. § 315b HGB) Angaben machen darüber, wie und in welchem Umfang ihre Tätigkeiten mit Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, die als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten i.S.d. Art. 3 der EU-Taxonomie-Verordnung anzusehen sind. Anzugeben ist hierbei jeweils der ökologisch nachhaltige Anteil an den Umsatzerlösen, Investitionsausgaben sowie Betriebsausgaben. Anfang März 2021 hat die ESMA (European Securities and Markets Authority) hierzu Richtlinien veröffentlicht, die bei der Ermittlung der relevanten Angaben helfen sollen. Diese umfassen Empfehlungen zur konkreten Definition der drei anzugebenden Kennzahlen sowie zu den zu berichtenden Mindestinformationen (inklusive der Ermittlungsmethode sowie dem Grad der Granularität). Zudem spricht sich die ESMA für eine standardisierte Berichterstattung aus, damit eine zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit ebenso wie die Vergleichbarkeit im Zeitablauf bestmöglich gewährleistet werden kann. Die konkretisierenden Richtlinien der ESMA können online abgerufen werden: https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma30-379-471_final_report_-_advice_on_article_8_of_the_taxonomy_regulation.pdf.

Umsetzung und erstmalige Berichterstattung

Die EU-Taxonomie-Verordnung entfaltet unmittelbare Wirksamkeit für alle EU-Mitgliedstaaten; es bedarf keiner Umsetzung in nationales Recht. Sie ist am 12.07.2020 in Kraft getreten. Die erstmalige Berichterstattung in der nicht-finanziellen Erklärung differiert je nach Umweltziel. Für die beiden Ziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ hat bereits ab dem 01.01.2022 (und damit regelmäßig für das Geschäftsjahr 2021) eine Berichterstattung zu erfolgen. Über die weiteren Umweltziele des Art. 9 der EU-Taxonomie-Verordnung ist ab dem 01.01.2023 zu informieren.

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